Im Kino: die Komödie “A Serious Man” von Joel und Ethan Coen
Larry Gopnik (Michael Stuhlbarg) ist zufrieden mit seinem Leben. Er lebt mit seiner Frau und seinen beiden heranwachsenden Kindern in einem uniform angelegten Vorort irgendwo im Mittleren Westen. Er lehrt Physik an der hiesigen Universität und hat großen Spaß an der Herleitung von mathematischen Formeln, die eine ganze Wandtafel füllen und in den Gesichtern seiner Studenten nur Fragezeichen hinterlassen. Doch von einem Tag auf den anderen gerät Gopniks Leben außer Kontrolle: Seine Frau will sich von ihm scheiden lassen, ein koreanischer Student erpresst ihn, an der Uni gehen diffamierende Briefe ein, die seine Beförderung verhindern sollen. “Warum ich?” fleht der bekennende Jude Gopnik zu seinem Gott. Schließlich sucht er Hilfe bei den Rabbis seiner Gemeinde. Doch die erzählen ihm absurde Storys, statt sich seines Seelenheils anzunehmen.
Larry Gopnik ist “A Serious Man”, so der Titel des neuen Films von Joel und Ethan Coen. Nach dem mit Superstars gespickten “Burn After Reading” verlassen die Coen-Brüder sich in ihrer neuen Komödie ausschließlich auf unbekannte Schauspieler, die jedoch ihre Rollen mit Bravour meistern. Michael Stuhlbarg zum Beispiel war gerade für einen Golden Globe nominiert, musste die Trophäe jedoch Jeff Bridges überlassen.
“A Serious Man” trägt autobiografische Züge, denn auch die Coens (Jahrgang 1954 und 1957) wuchsen in einer jüdischen Gemeinde in einem Vorort von Minneapolis auf. Danny Gopnik (Aaron Wolf), der 13 Jahre alte Sohn von Larry, könnte ein Alter Ego von Joel Coen sein, denn “A Serious Man” spielt im Jahr 1967. Danny ist ein Fan von Jefferson Airplane, er kifft gerne und die Vorbereitung auf die Bar Mitzwa langweilt ihn zutiefst. In Interviews haben die Coen-Brüder immer wieder betont, dass sie diese besondere Atmosphäre innerhalb der jüdischen Gemeinschaft transportieren wollten. Richtiger scheint jedoch ein anderer Satz zu sein: “Das Witzige für uns an der Geschichte war, immer neue Wege zu finden, wie wir Larry quälen konnten”, sagt Ethan Coen.
Aus dieser Leidensgeschichte resultiert der Witz von “A Serious Man”, denn Larry Gopnik ist unfähig sich zu wehren. Albträume peinigen ihn. Er ist zwar dröge, aber eigentlich ein sympathischer Mensch. Er fordert das Mitleid des Publikums geradezu ein, doch er findet keinen Ausweg aus seinem persönlichen Schlamassel. Gopnik reiht sich in die vielen Verlierer ein, die von den Coen-Brüder kreiert wurden. Wie in ihren Filmen üblich, inszenieren sie auch in “A Serious Man” eine ganze Reihe von Figuren, die alle mehr oder weniger neben der Spur laufen: Besonders der an einer Weltformel arbeitende Onkel Arthur ist “socially awkward”, die Rabbis scheinen in einem Parallel-Universum zu leben, der rassistische Nachbar verbreitet schon beim Rasenmähen Angst und Sy Abelman (Fred Melamed), der häßliche und viel ältere Geliebte von Larrys Frau, ist ein Ausbund an Penetranz.
Joel und Ethan Coen sind Meister darin, den Irrsinn des Alltags in ihren Filmen in Geschichten zu übersetzen. “A Serious Man” ist wieder einmal ein gelungenes Beispiel für diese Methode, mit komödiantischen Mitteln hyperreale Wirklichkeiten zu zeigen. Für Larry Gopnik gibt es daraus kein Entrinnen. Am Ende des Films ruft ihn sein Arzt an. Der sagt nur einen Satz: “Es ist dringend.” Der Leidensweg dieses “ernsthaften Mannes” geht weiter.
A Serious Man USA 2009, 105 Min., R, B, P: Joel & Ehan Coen, D: Michael Stuhlbarg, Richard Kind, Aaron Wolf